Wenn Erfahrung zum Handicap wird
Altersdiskriminierung ist ein komplexes Problem, das gesamtgesellschaftliche Anstrengungen erfordert. Es ist an der Zeit, tradierte Denkmuster aufzubrechen und das Potenzial erfahrener Fachkräfte anzuerkennen und zu nutzen.
Altersdiskriminierung trotz Fachkräftemangel: ein paradoxes Dilemma
In Zeiten eines akuten Fachkräftemangels, der laut DIHK aktuell rund 1,8 Millionen unbesetzte Stellen zählt, erleben viele ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer systematische Ausgrenzung. Während Unternehmen lautstark nach qualifiziertem Personal rufen, werden Fach- und Führungskräfte ab 50 Jahren zunehmend aus dem Arbeitsmarkt gedrängt – oft still und ohne große Öffentlichkeit.
Spielregeln des Arbeitsmarktes
Wer über 50 oder 60 ist und weiterhin arbeiten möchte, muss die Spielregeln des Arbeitsmarktes verstehen und sich darauf einlassen, auch wenn sie unfair erscheinen. Das bedeutet, sich der Notwendigkeit einer exzellenten Bewerbung bewusst zu sein – je älter man ist, desto mehr muss die Bewerbung „leuchten“ und aus der Masse herausstechen. Panisches Verschicken von Hunderten Bewerbungen ohne Strategie ist kontraproduktiv.
Der Mythos vom „wohlhabenden Alten“ und die Realität
Im Gegensatz zu gängigen Klischees, etwa der „Woopie“ (well-off older person), zeigt sich in Deutschland ein ganz anderes Bild: Altersarmut ist auf dem Vormarsch. Die demografische Entwicklung und das überlastete Sozialsystem verschärfen diese Lage. Dr. Daniel Stelter nennt in seinem Buch „Das Märchen vom reichen Land“ klare ökonomische Fakten zur Überforderung des Systems.
Ageismus – der blinde Fleck der Diversity-Debatte
Ageismus, also Altersdiskriminierung, ist neben Sexismus und Rassismus eine der drei größten Stereotypisierungen unserer Zeit – aber auch die am seltensten wahrgenommene. Aussagen wie „Dafür bist du aber noch fit“ gelten als versteckte Diskriminierung, die altersbezogene Stereotype weiter verfestigen.
Mehr dazu im Podcast „Alter, was geht?“ mit Dr. Elmar Stracke in der Folge 29 „Altersbilder allenthalben mit Prof. Verena Klusmann“
Vorurteile und Stereotypen – Die Wurzel des Problems
Altersdiskriminierung ist laut Antidiskriminierungsstelle des Bundes die häufigste, aber am seltensten gemeldete Form der Diskriminierung. Sie ist oft ein „blinder Fleck“, da sie subtil und tief in den Köpfen verankert ist. Positive Äußerungen wie „Du bist ja jung für dein Alter“ können bereits Ausdruck von Altersdiskriminierung sein, da sie Stereotypen verstärken.
Manager, auch über 60, hegen oft selbst Vorbehalte gegenüber ihrer eigenen Altersklasse. Dies führt dazu, dass älteren Mitarbeitenden kaum Entwicklungschancen eingeräumt werden, da man davon ausgeht, dass sie ohnehin bald in Rente gehen. Ein Drittel der Befragten stimmt sogar der Aussage zu, dass Ältere Platz für Jüngere machen sollten, unabhängig von ihrer Leistungsfähigkeit. Dieses Denken, gepaart mit Gehaltsschemata, die Älteren oft höhere Gehälter zugestehen, führt dazu, dass bei Personalabbau gerne zuerst bei dieser Gruppe gespart wird.
Arbeitsmarkt 50+: Der stille Rückzug
Zahlreiche Betroffene ziehen sich aus Frust über fehlende Chancen zurück. Die sogenannte „Selbstdiskriminierung“ im Alter führt dazu, dass hoch qualifizierte Menschen ab 55 keine Stelle mehr finden – trotz Motivation und Erfahrung. Besonders betroffen: die Generation X und Babyboomer.
Die Fakten sprechen für ältere Mitarbeiter – die Realität dagegen
- Laut einer XING-Umfrage wollen 53 % der über 50-Jährigen über das Rentenalter hinaus arbeiten.
- 94 % der Bevölkerung sind überzeugt, dass man auch im Alter geistig und körperlich fit bleiben kann.
- Dennoch erleben Ältere selten Karriereförderung ab 50+ – oft wird diese Altersgruppe intern abgeschrieben.
Warum Unternehmen auf einen demografischen Mix setzen sollten
Unternehmen, die Altersdiversität fördern, profitieren nachweislich:
- Erfahrungsträger sichern Qualität und Wissenstransfer.
- Intergenerationale Teams sind resilienter und kreativer.
- Langfristig sichern sie sich stabile Belegschaften in Zeiten des Personalrückgangs (bis 2035 gehen täglich 1.000 Arbeitskräfte in Rente).
Eigenverantwortung und Umdenken – was Betroffene tun können
Für Menschen über 50, die sich beruflich neu orientieren möchten, gilt:
- Nicht blind bewerben, sondern strategisch handeln.
- Frühzeitig professionelle Hilfe suchen.
- Eigenverantwortung übernehmen und neue Arbeitszeitmodelle wie Teilzeit, Interim-Management oder Zeitarbeit in Betracht ziehen.
„Diversität bedeutet nicht nur jung und international, sondern auch alt und erfahren.“ – Karriere-Werkstatt
Kostenfreier Workshop als Chance zur Neuausrichtung
Die Karriere-Werkstatt bietet bis Ende 2025 monatlich einen exklusiven kostenlosen Einzel-Workshop für Menschen über 50 an, die sich neu aufstellen wollen. Inklusive professionellem Bewerbungscheck – eine Gelegenheit, die man nicht ungenutzt lassen sollte.
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Fazit: Altersdiskriminierung ist eine Realität – aber keine, der man sich hilflos ergeben muss. Es braucht politischen Willen, unternehmerisches Umdenken und persönliche Initiative, um die Potenziale älterer Fachkräfte zu nutzen. Denn in Zeiten von Fachkräftemangel kann es sich niemand leisten, Erfahrung ungenutzt zu lassen.